Le nozze di Figaro und Macbeth überzeugen bei den Salzburger Festspielen sängerisch, bleiben szenisch jedoch fragwürdig.
Von Klaus Kalchschmid
Größer könnten die Unterschiede nicht sein: An einem Abend spielen die Wiener Philharmoniker im Haus für Mozart wieder einmal Le nozze di Figaro; diesmal erneut unter einem renommierten Experten der historischen Aufführungspraxis, Raphaël Pichon, der wie einst Nikolaus Harnoncourt in derselben Oper oder zuletzt Constantinos Carydis bei der Zauberflöte frischen Originalklang-Wind hätten wehen lassen können. Doch man hat das Gefühl, die Wiener musizieren einfach wie immer, ohne sich außer der Befolgung der Tempi groß um das zu scheren, was der Dirigent eigentlich möchte. Wenigstens am Ende mancher Arien wie der ersten Cherubinos, dem „Dove sono“ der Gräfin oder Susannas „Rosen-Arie“, konnte man spüren, wie Melancholie auch Klang wurde.
Macbeth
Tags darauf Giuseppe Verdis Macbeth im Großen Festspielhaus unter Philippe Jordan, dem (noch) Musikchef der Wiener Staatsoper bis 2025. Dort hatte er 2021 eine Neuproduktion dieser Oper sowie die erste Serie dirigiert. Daran erinnern sich wohl die Musiker genau, und auf einmal stimmt alles: Jeder Akkord hat Spannkraft, jede Phrase atmet, alles klingt präzise und klanglich geschärft, die Modifikationen im Tempo sind schlicht aufregend. Das trägt den ganzen Abend hinweg über eine wie immer intellektuell anregende, aber auch unglaublich verkopfte, anspielungsreiche, rätselhafte Inszenierung Krzysztof Warlikowskis.
Schon vor Beginn fragt ein Ehepaar in der benachbarten Sitzreihe: „Was soll eigentlich diese lange Wartebank?“ (Bühne wie immer: Małgorzata Szczęśniak). „Na, das wird die Inszenierung schon erklären“, denkt man sich. Tut sie aber nicht, denn dieses die Bühnenbreite füllende Ungetüm, auf dem anfangs ganz links Macbeth und ganz rechts die Lady sitzen, fährt immer wieder vor und zurück. Dann integriert sich die Bank in die Rückwand, später nimmt der Chor darauf Platz oder man muss mühsam darüber turnen, was wohl die Vereinzelung der Figuren symbolisieren soll, wie man ja überhaupt auf der gigantischen Breite des Großen Festspielhauses krampfhaft versuchen muss, Beziehung herzustellen oder eben das Gegenteil.
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