Funktioniert Gershwins Porgy and Bess konzertant? Beim Lucerne Festival treten Alan Gilbert und eine mitreißende Besetzung den überzeugenden Beweis an.
Von Tobias Gerosa
„Diversity“ ist das Motto des diesjährigen Lucerne Festival. George Gershwins American Folk Opera Porgy and Bess mit der Aufführungsvorschrift, dass nur People of Color besetzt werden dürfen, und die – für 1935 noch erstaunlich und unerwartet – das Leben, Lieben und Leiden einer unterprivilegierten schwarzen Gemeinde thematisiert, gehört da fast zwingend ins Programm. Vor allem bei den tagesaktuellen Bezügen. Denn in der Schweiz tobt genau in der Woche, in der diese Oper beim Lucerne Festival zu hören ist, ein Kulturstreit: In einer linken Szenekneipe in Bern musste eine Reggae-Band kürzlich ihr Konzert abbrechen, weil die Musiker weiß waren und teilweise Dreadlocks trugen. Das sei kulturelle Aneignung, hieß es, das gehe nicht. Die rechtsgerichtete Weltwoche lud die Band daraufhin ein, bei ihrem Sommerfest aufzutreten, für Gäste wie Alexander Gauland oder Hans-Georg Maaßen – eine Band, die sich explizit als links versteht.
Reggae-Bands sind fürs Lucerne Festival nicht besonders relevant – aber wenn das NDR Elbphilharmonie Orchester Gershwins Oper spielt, ergeben sich gerade innerhalb des Festival-Mottos unerwartete, ungeplante Verbindungen. Abgebrochen wurde nichts, sondern bejubelt und gefeiert vom (nicht ausverkauften) Saal. Taten George und Ira Gershwin nicht etwas ganz Ähnliches wie die Band, als sie die Kultur der Schwarzen im amerikanischen Süden zum Thema machten? (Und sogar, indem sie diese Kultur in die Tempel der Hochkultur trugen – wie die jamaikanische Rastafari-Idee zur Weltwoche?) Im Klassikbetrieb stellt sich die Frage jedoch ein wenig anders.
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