Die Hamburgische Staatsoper streamt Manon als zeitgemäße Glückssuchergeschichte von David Bösch. Ein packendes Kammerspiel!
Von Andreas Beger
Wer am Premieren-Sonntag Tatort schaute, war selbst schuld. Der bessere Krimi lief im Live-Stream aus der Hamburgischen Staatsoper und nachher noch als Video-on-Demand: David Bösch hat Jules Massenets leidenschaftsstrotzende Oper über die ergreifende Geschichte von Manon Lescaut und dem Chevalier Des Grieux als packendes Kammerspiel von ganz heutiger Anmutung inszeniert. Dank der auch großartig agierenden Sänger, und weil der Chor im Zuschauerraum platziert war, fokussierte sich wirklich alles auf die beiden Glückssucher in widrigen Zeiten. Kennenlernen in der schäbigen Kneipe, armes Glück unter der nackten Glühlampe vorm hohen Fenster der Mansarde, Streit unter Junkies in Spiel- und Drogenhöllen: Patrick Bannwart schafft stets mit wenigen Mitteln ein sprechendes Ambiente.
„C’est la vie” hängt in Leuchtschrift über dem Fest im Cours-la-Reine. Hinter dem Flittervorhang liegt gleich das Hotel Transsilvanien des vierten Akts: „C’est la vie” ist jetzt von hinten zu lesen, so wie die Figuren die Kehrseite des Glamourglücks erleben. Beim Glücksspiel wird Manon verhaftet. Im Schlussakt als Deportierte nimmt sie die letzten Drogen-Tropfen, der Schriftzug „C’est la vie” liegt nun zerbrochen am Boden. Des Grieux schlitzt sich den Puls auf, bei Bösch finden beide den Liebestod unter Schneeflocken, aber weit voneinander liegend.
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