Wahrhaft große Oper an einem kleinen Theater: Regensburg überzeugt auf ganzer Linie mit Puccinis Vermächtniswerk Turandot.
Von Klaus Kalchschmid
Erst am Ende wähnt man sich wirklich in China oder vielmehr auf einer traditionell ausgerichteten Opernbühne, die Puccinis Turandot spielt: Da kleidet sich Camila Ribero-Souza plötzlich prächtig blau-silbern schillernd als fernöstliche Prinzessin. Zuvor war sie keineswegs eine kalte, eisgegürtete, männermordende Frau, sondern im schwarzen (später weißen) Kleid mit fließend offenen Haaren ein eher schwaches, anlehnungsbedürftiges Wesen. Es hält sich die Männer buchstäblich vom Leib und bestraft sie mit dem Tod, wenn sie ihre drei Rätsel nicht lösen können, weil noch heute in Turandot die vergeblichen Schreie einer Vorfahrin hallen, die einst entführt und vergewaltigt wurde. Das macht jede Beziehung zu einem Mann unmöglich. Bis Calaf kommt, alle Rätsel löst und ihr auch eines aufgibt.
Zwar könnte die bühnenausfüllende Videowand auch davon erzählen, aber Martin Andersson (Video) und die Regisseurin Nicola Raab konzentrieren sich auf das verängstigt in Slow Motion ins Leere schauende oder fliehende Kollektiv heutiger Menschen in Schwarzweiß, es herrscht kalter Winter, denn sie sind dick in Mäntel und Mützen eingehüllt; und auf die Männer als (Folter-)Opfer. Auch Calaf wird überlebensgroß und sehr realistisch im Film stumm malträtiert. Immer wieder gibt es aber auch schöne, großflächige Aquarelle oder feinen Zeichentrick, der mal die Aktion auf der Bühne spiegelt, mal poetisch andeutet, etwa wenn die mutmaßlich gemeuchelten Prinzen als schlanke Zeichentrick-Figuren kopfüber in Serie in den Tod purzeln.
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!In dieser Ausgabe kostenlos: