Verdis Un ballo in maschera an der Mailänder Scala überlässt die Interpretation ganz der Musik, nach nordeuropäischem Verständnis sogar viel zu sehr.
Von Tobias Gerosa
Ist Riccardo, Tenor-Graf in Verdis Un ballo in maschera, ein verhinderter Künstler oder ein Kindskopf? An der Mailänder Scala spielte er zur Ouvertüre mit einem Bühnenbildmodell, schiebt weiße Figurinen umher, bis hinter dem Modell eine schwarze Figur – ein Mönch? Ein Geist? – auftaucht, unheilverkündend und mit Geige in der Hand. Die Gestalt kommt am Ende als fiedelnder Gevatter Tod wieder, schließlich gibt es vor dem Mord beim Maskenball ein Geigensolo.
Das reicht dem schweizerischen Regisseur Marco Arturo Marelli als szenischer Aufhänger. Hier knüpft sich auch die einzige Frage an, welche die Inszenierung aufwirft. Und dass sie unbeantwortet, ein loser Faden bleibt, sagt eigentlich schon alles. Personenregie gibt es nur, wenn die Musik eins zu eins gedoppelt werden kann. Dann setzt der Chor zum rhythmisch völlig unpassenden Cancan an, oder man hält sich zum Lachen die Bäuche, als wäre das nicht viel besser im musikalischen Umbruch hörbar. Die allermeiste Zeit aber steht man und ringt die Hände, an den exponiertesten Stellen geht man in die Knie, die Rampe hat ganz offenbar magnetische Wirkung.
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