Wie jedes Jahr wurde die Spielzeit-Eröffnung der Scala prominent auf Arte übertragen. Der Live-Eindruck von Davide Livermores Macbeth-Inszenierung wich jedoch dramatisch von der Wirkung im Fernsehen ab. Hier der TV-Eindruck unseres Autors.
Von Manuel Brug
Nein, Anna Netrebko gibt sich keine Mühe. Im Fernsehen ist das nicht nur zu hören, sondern eben auch zu sehen. Dieser Macbeth ist ihre fünfte Scala-Eröffnung, noch dazu in einer bestens bewährten Rolle, die sehr gut zu ihrer gegenwärtigen Alles-Wurst-Attitüde passt. Das scheint ihr keine besondere Anstrengung wert. Wie eine russische Matroschka zieht sie in ihrem roten Generalissima-Dress als Feldmarschallin Anna Putina fast etwas zu rollendeckend und schon auf Schlafwandel-Autopilot an ihrer kalten Fluppe und feuert ihre Töne irgendwie treffsicher ab. Träge und routiniert wirkt sie, einige scharfe Buhs gleich nach der ersten Arie sind die Quittung. Und auch am Ende sparen die zwei Jahre kampfentwöhnten Loggionisti nicht mit dumpfen Unmutskundgebungen, während die Masse eher sich selbst applaudiert.
Zwar reißt sich Netrebko in der Folge etwas mehr zusammen, sie tanzt sogar und konzentriert sich im Brindisi auf die vorher eher bedenklichen Koloraturen, aber sie spielt so unlustig pauschal wie sie die Rolle auch singt. Kein Vergleich zu ihren drei Scala-Vorgängerinnen Maria Callas, Shirley Verrett, ja nicht einmal zu Maria Guleghina, die zur Inaugurazione 1952, 1975 und 1997 die Rolle interpretierten. Überdeutlich ist inzwischen ihr Vibrato, die hohen Töne werden vor allem mit Kraft angesteuert, wirken allzu hell, gegenüber der immer mehr ins Dunkle, auch Gutturale absinkenden Mittellage.
Jetzt weiterlesen!
Dies ist Premiummaterial. Testen Sie unsere Angebote, um den gesamten Artikel zu lesen.
Abonnieren
Das aktuelle gedruckte Heft jetzt bestellen oder komplett online lesen!Jetzt mit wenigen Klicks zum OPER!-Inhalt
Ausprobieren
Zwei ausgewählte Artikel kostenlos lesen? Dann registrieren Sie sich hier!In dieser Ausgabe kostenlos: