Viel Sängerglanz, doch schwache Regie bei den neuen Meistersingern von Nürnberg in Leipzig.
Von Andreas Berger
Ulf Schirmer prescht ganz schön los bei seiner Meistersinger-Ouvertüre. Im offenen, breiten Graben des Leipziger Opernhauses klingt das Gewandhaus-Orchester entsprechend nackt und klar und weit aufgefächert. Wer noch den Bayreuther Mischklang im Ohr hat, wird sich über diesen etwas harten, präzisen Sound wundern, zeitweise scheinen sich zumindest im Vorspiel die Instrumentengruppen überholen zu wollen. Allerdings ergibt sich so auch eine demokratische Vielheit der Stimmen, die erst in diesem optimistischen Sog vereint werden. Was zum Einheitsbühnenraum dieser Leipziger Neuproduktion passt: ein modernes Amphitheater, wie man es eher aus Stadien oder großen Veranstaltungshallen kennt. Der Bühnenbildner Leslie Travers greift damit die kulturpolitische Vision Wagners auf von einer Kunst, die wie in der Antike Ort der gesellschaftlichen Auseinandersetzung ist. Nur weiß der Regisseur David Pountney damit nichts anzufangen.
Der Chor singt hier ganz profan seinen Choral in eher zeitgenössischer Kleidung, die Kirche ist dem Stadionsingen gewichen. Stolzing turnt mit attraktiver Blondmähne und Sneakers herein, man denkt: das könnte eine coole Geschichte werden. Aber dann sind da diese Jungs in ihren weißen, aseptischen Overalls, die sie wie Tatortreiniger aussehen lassen. Sobald sie die ausziehen, stehen sie in historisierenden Lehrbuben-Kostümen da. Was das da für ein Entdeckerteam sein soll, erzählt Pountney nicht. Auch das Nürnberger Stadtmodell im Spielzeugformat am Grund des Amphitheaters bleibt eine formale Spielerei. Die Kirchen, Häuser und die Burg sind genau so groß, dass sie als Stühle und Bänke der gleichfalls historisierend gewandeten Meistersinger herhalten können. Wie es zu dieser Begegnung von Alt und Neu kommt, bleibt offen. Ein Spiel im Spiel ist nicht angelegt.
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