Der neue Tannhäuser an der Staatsoper Hamburg kommt aus dem Dschungel und lockt mit falscher Phallusblüte. Doch ganz geht die Regie-Rechnung nicht auf.
Von Andreas Berger
Der Venusberg ist diesmal ein vergessenes Dschungelparadies. Unter Palmen und rund um eine bunte Batikvulva leben Tannhäuser und Venus hier einen alten Hippie-Traum. Solche Siedlungen der freien Liebe und des Müßiggangs soll es ja gerade in Südamerika tatsächlich geben. Allerdings sind die beiden hier nur mit den verschiedenhäutigen und verschiedenalten Sprossen ihrer Patchwork-Beziehungen allein. Wenn die jungen Feen sich da an Tannhäuser drängen, hat man anfangs auch Missbrauchsassoziationen, aber so meint es Kornél Mundruczó, der Regisseur der Wagner-Neuinszenierung an der Hamburger Staatsoper, wohl gar nicht. Im Gegenteil, aber von jugendlichen Komparsen eben schwer darstellbar, herrscht hier offenbar Mitgefühl mit dem seit Langem der Parole love and peace etwas überdrüssigen Vater.
Ob Kent Nagano deshalb die Motive der Ouvertüre so mählich ausbreitet? Er hat sich die eigentlich sehr impulsive, in geradezu ekstatischen Stößen und unter Schlagwerk und Kastagnetten bebende Pariser Bacchanal-Fassung ausgewählt, aber das funkelt hier längst nicht mehr in Begehren. Ballett gibt es auch nicht dazu, obwohl ja der ortsansässige Meisterchoreograf John Neumeier einst in Bayreuth eine der bis heute erotischsten Interpretationen schuf. Und so liegen Nagano die in avancierter Tristan-Harmonik sich dehnenden Sehnsuchtspassagen dieser Fassung am meisten.
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