Noch vor Valentin Schwarz‘ neuem Ring des Nibelungen eröffnen die Bayreuther Festspiele mit Roland Schwabs Inszenierung von Tristan und Isolde. Ganz zündet die Produktion nicht, auch wenn sie beim Publikum insgesamt gut ankommt.
Von Stephan Schwarz-Peters
So richtig rund laufen die Dinge auf dem Grünen Hügel derzeit nicht. Sieht man einmal vom Dirigenten-Karussell rund um die Eröffnungspremieren ab, gab es den ersten nur halbgaren Erfolg bereits zur Eröffnung mit Roland Schwabs Tristan-Inszenierung. Zugegeben hatte der Regisseur nicht viel Zeit, sein Konzept zu erarbeiten. Erst Anfang des Jahres hatte in nicht ganz unberechtigter Corona-Sorge die Festivalleitung den Nacht-und-Liebe-Schinken aufs Programm gesetzt – um notfalls eine weniger coronaanfällige Alternative zur Chorlastigkeit bestimmter Repertoire-Stücke wie dem Fliegenden Holländer zu haben. Großen Jubel und lautes Fußgetrappel konnte Schwab am Premieren-Abend von Publikumsseite einheimsen; ganz untypisch für Bayreuth ließ sich kein einziges Buh vernehmen. Dem ungeteilten Begeisterungsrausch möchten wir uns nicht hingeben – auch wenn die Inszenierung durchaus gute Ansätze bietet, die man in den kommenden Jahren, vom Zeitdruck befreit, möglicherweise ausbauen könnte.
In seiner wandelbaren Monumentalität beeindruckend ist auf jeden Fall das Bühnenbild, das Piero Vinciguerra über dem mystischen Abgrund errichtet hat. Von einer höheren Ebene aus blickt man hier durch ein riesiges Oval wie durch ein Brennglas auf den Bühnenboden, wo sich die Geschichte um die zwei Liebenden abspielt. Sie stehen somit unter einer Art Dauerbeobachtung, scheren sich aber nicht im mindesten darum, da sie ohnehin in ihrem Handeln determiniert sind. Verstecken sinnlos. Auf riesigen LED-Flächen oben und unten ziehen im ersten Akt Wolken vorüber, formieren sich Gewitter, rauschen Wellen vorbei und bilden sich Strudel, die die so fatal von der Liebe Getroffenen in den Abgrund ziehen. Im zweiten Akt verwandelt sich das Ganze in einen rotierenden Sternenhimmel, der auch im dritten Akt noch über allem wacht, allerdings nach und nach Abnutzungserscheinungen in Sachen romantischer Wirkung zeigt. So viel zum Rahmen. Doch was ist der szenische Inhalt?
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