Während Tito Ceccherini am Opernhaus Zürich Francis Poulencs Dialogues des Carmélites bei aller Süffigkeit auch auf Kanten und Brüche abklopft, zeigt Jetske Mijnssen, dass Oper auch ganz klassisch bewegen kann. Und weil auch die Besetzung stimmig ist, geht alles auf.
Von Tobias Gerosa
Es war schon ein Statement, als Francis Poulenc 1957 erst auf italienisch in Mailand, dann im heute als original geltenden Französisch seine Dialogues des Carmélites (Dialoge der Karmeliterinnen) herausbrachte. Zunächst wegen des historischen Sujets: 16 Nonnen gehen aufs Schafott, 16 Mal saust im Schlussbild die Guillotine (komponiert!) herunter, und nach jedem Mal fehlt dem „Salve Regina“ eine Stimme, bis mit einem fast schon neckischen letzten Akkord auch die letzte verstummt. Die Französische Revolution ist hier das tödlich Böse, das dem hergebrachten Glauben wortwörtlich an den Kragen geht. Zweitens ist auch Poulencs Musik ein Statement, weil sie sich dem damals vorherrschenden Modernismus der Serialisten fast diametral entgegenstellt in ihrer Tonalität und direkten Emotionalität.
Liberté, Egalité, Fraternité ou la mort – die Ideale der Französischen Revolution oder der Tod, so steht es im Opernhaus Zürich auf dem Vorhang. Steckte da aus historischer Perspektive nicht noch etwas mehr in diesem Umbruch – und auch in den bisherigen Interpretationen dieses Werks? Die Regisseurin Jetske Mijnssen kümmert sich nicht um diese Implikationen. Sie wendet sie handwerklich hervorragend, elegant und klassisch reduziert sowie mithilfe genauer Personenführung aber in etwas Allgemeinmenschliches, das unmittelbar berührt.
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