Dmitri Tcherniakov erzählt den Fliegenden Holländer bei den Bayreuther Festspielen im coronabedingt halbvollen Haus als spannenden Kleinstadt-Krimi.
Von Andreas Berger
Es sind diese klinisch sauber geleckten Städte, geklinkert bis unters Dach, in denen man die Scheinheiligkeit der Bewohner förmlich mit Händen greifen kann. Man ahnt, welche verbotenen Triebe hier brodeln, doch auch welche Kraft die gesellschaftlichen Sanktionen ausüben. Der Regisseur Dmitri Tcherniakov hat für seine Neuinszenierung des Fliegenden Holländers zur Eröffnung der Bayreuther Festspiele als sein eigener Bühnenbildner eine solche Kleinstadt im Stil des magischen Realismus von Edward Hopper auf die Bühne gestellt. Die erleuchteten Fenster geben hier keine Wärme, sondern scheinen Wache zu halten, damit nur nichts Anstößiges in den Gassen geschehe.
Und prompt weht mit den Stürmen der Ouvertüre eine junge Frau dem älteren Manne zu, den wir später als Kaufmann Daland kennenlernen. Das Liebesverhältnis ist allerdings eher unterwürfig, sie schmeißt sich ihm zu Füßen, dann an den Hals, küsst seine Hand, wie es später Erik in seiner Traumvision als Warnung für eine schädliche Beziehung gegenüber Senta evoziert. Aber so weit sind wir noch nicht in dieser filmreifen Erzählung, mit der Tcherniakov von Anfang an in Bann schlägt und Wagners Figuren psychologisch neu beleuchtet.
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